Die Lage ist so dramatisch wie nie seit Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland. Der Bayerische Landes-Sportverband (BLSV) und seine Bayerische Sportjugend (BSJ) appellieren deshalb an alle bayerischen Sportler_innen, sich impfen zu lassen. Die Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften und der Bayerische Sportärzteverband (BSÄV) als Wissenschaftspartner des BLSV unterstützen den Aufruf.
Die Lage in den bayerischen Krankenhäusern und Intensivstationen ist sehr ernst. Der Freistaat hat daher das Vorgehen gegen die Pandemie intensiviert und eine Neufassung der 15. Bayer. Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (IfSMV) erlassen. Danach gelten bis 15. Dezember verschärfte Corona-Maßnahmen, deren Auswirkungen auch den Sport betreffen. In Landkreisen oder kreisfreien Städten, in denen eine 7-Tage-Inzidenz von 1.000 überschritten wird, gilt ein regionaler Hotspot-Lockdown. In diesen Fällen sind Sportveranstaltungen nicht mehr zulässig und Sportstätten zu schließen. Ansonsten wird für den Sportbetrieb im Innen- und Außenbereich generell die 2Gplus-Regel angewendet. Diese gilt ab sofort auch für Zuschauer_innen von Sportveranstaltungen, hinzu kommt eine maximale Zuschauerauslastung von 25 Prozent der möglichen Gesamtplätze.
In Anbetracht der besorgniserregenden Situation steht aus Sicht des BLSV und der BSJ fest: Aus den Fesseln der Pandemie kann nur das Impfen befreien. Die Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften und der Bayerische Sportärzteverband unterstützen dies mit ihren Appellen.
„Die neuen Corona-Regelungen sind auch für den Sport gravierend und haben für viele Vereine und ihre Sportlerinnen und Sportler wieder große Einschränkungen zur Folge. Wir sind spätestens jetzt an einer Stelle angelangt, an der nur noch impfen hilft. Es geht um Leben“, macht der Präsident des BLSV, Jörg Ammon, in aller Deutlichkeit klar. „Es muss Schluss sein mit Sorglosigkeit, es muss Schluss sein mit mangelnder Solidarität. Impfen ist solidarisch, für die Impfung ist es nie zu spät. Alle, die können, müssen sich impfen lassen, um die Corona-Endlosschleife endlich zu durchbrechen“, mahnt er.
„Derzeit stecken sich leider auch viele Kinder und Jugendliche an, die Folgen von Long Covid sind noch gar nicht richtig abzuschätzen“, stellt der Vorsitzende der Bayerischen Sportjugend, Michael Weiß, klar. „Auch deswegen möchte ich an die Eltern der Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren appellieren, für sich und die Kinder den Impfschutz zu holen. Wir Erwachsene müssen endlich zu 100% die Verantwortung für die Beendigung der Pandemie übernehmen“, macht er deutlich.
Dass Impfungen aus sportmedizinischer Sicht sinnvoll sind, bekräftigt auch die Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften. Die Dekanin Prof. Dr. Renate Oberhoffer-Fritz sagt: „Aufgrund sportspezifisch engerer Kontakte sind Sportler_innen für einige Infektionen eher prädestiniert. SARS-CoV-2 wird hauptsächlich über exhaliertes Aerosol übertragen, entweder direkt von Mensch zu Mensch oder indirekt über noch in der Raumluft verweilende Partikel. Es ist daher bei gemeinsamer sportlicher Betätigung, beispielsweise im Team und insbesondere mit Beginn der Indoor-Saison, von einem erhöhten Infektionsrisiko auszugehen. Aus sportmedizinischer Sicht ist deshalb die Impfung gegen COVID-19 unbedingt zu empfehlen, nicht nur für gesunde Breiten- und Leistungssportler_innen, sondern ganz besonders auch für sportlich aktive Menschen mit Vorerkrankungen wie Adipositas, Diabetes, Herz-Kreislaufproblemen sowie Immunschwächen.“
Weiterhin informiert die Dekanin über Auswirkungen von COVID-19-Erkrankungen auf Kinder und Jugendliche: „Im Allgemeinen sind COVID-19-Krankheitsverläufe bei Kindern und Jugendlichen eher symptomarm. Trotzdem können Symptome eines fieberhaften grippalen Infektes auftreten, aber auch Frostbeulen ähnliche Hautphänomene, die sogenannten ‚Covid-Zehen‘. Zudem wurde ein sehr schweres Krankheitsbild, das PIMS (Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrom), beschrieben. Letzteres ist eine zeitversetzt zu einer COVID-19-Infektion auftretende Reaktion des Immunsystems, die Haut- und Schleimhäute, Herz und Gefäße sowie Magen-Darmtrakt so schwer trifft, dass eine intensivmedizinische Behandlung erforderlich wird. Laut der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) waren bis dato 464 Kinder in Deutschland davon betroffen.“
Der Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie geht in seiner LICO-Studie den Fragen auf den Grund, welche langfristigen Folgen eine COVID-Erkrankung für Kinder und Jugendliche hat, wie sie sich auf die körperliche Leistungsfähigkeit auswirkt und welche Einflüsse auf die Lebensqualität sich daraus ergeben können.
„Langanhaltende Beschwerden noch drei Monate nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 sind bei Kindern sehr selten, zumindest was die Alpha-Variante der Erkrankung angeht“, erklärt Prof. Oberhoffer-Fritz. „Aktuelle Studien sprechen von zwei bis sechs Prozent, wobei es sich meist um ältere Kinder handelt, die stationär behandelt werden mussten. Häufige anhaltende Symptome waren in je ein bis zwei Prozent der Fälle Atemwegsbeschwerden, allgemeine körperliche Beschwerden wie Müdigkeit und Fieber, neurologische Beschwerden wie Kopfschmerzen sowie psychische Beschwerden wie die Entwicklung einer Depression oder Angsterkrankung. Da COVID-19-Infektionen mit einer Endotheliitis, also einer Entzündung der Gefäßinnenhaut, einhergehen, erforschen wir derzeit in unserer LICO-Studie mit Hilfe von Ultraschall und anderen nicht belastenden Methoden, ob Kinder nach einer COVID-19-Infektion Veränderungen der Gefäßregulation aufweisen, und ob ihre Lebensqualität nach der Infektion beeinträchtigt ist. Interessierte sind herzlich willkommen!“
Der Präsident des Bayerischen Sportärzteverbandes, Dr. med. Frank Möckel, macht abschließend deutlich, dass „auch für Sportler und Sportlerinnen Impfungen insbesondere in der aktuellen Situation wichtig sind. Zum einen bietet die Impfung einen hohen Schutz, möglichst nicht zu erkranken, was unter Umständen einen längeren Trainingsausfall nach sich zieht. Zum anderen geht es auch um den Schutz des persönlichen Umfeldes wie der Familie und Trainingsgruppe.“
Mehr Informationen zum Thema Impfen stellt der BLSV auf der neuen Landingpage unter www.blsv.de/wirgegencorona zu Verfügung.
Kontakt:
Prof. Dr. Renate Oberhoffer-Fritz
Dekanin Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften
Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
Tel.: 089 289 24601
E-Mail: renate.oberhoffer(at)tum.de
Text: BLSV/Romy Schwaiger
Fotos: BLSV/BSJ/BSÄV/Andreas Heddergott/TUM